Gepäckservice auf dem Jakobsweg

Mal eine Pilgerreise machen. Auf dem Jakobsweg. Spätestens seit Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ kennt den wenigstens jede und jeder hier in Deutschland. Und selbst die letzte Nuss rollt ihn jetzt offenbar lang. Egal wie hohl.

Puh.

Also, ich muss von vorn anfangen: Ich war heute Abend essen. Bei einem besseren Italiener, bei dem fast jede Pizza über 10 Euro kostet. Wir blieben da auf einer Radtour hängen, gefangen vom 2. heftigen Regenguss in Folge. Beim ersten Restaurant (Fischbrötchen und Darjeeling) hatten wir noch Panomarablick über einen gewitterumtosten See. Beim zweiten hatten wir weltbestes Panorama wohlsituierter Hamburger Speckgürtler. Und ja, ich lästere jetzt. Und nein, das ist nicht nett. Aber ich schreibe nur auf, was ich gehört habe.

Hinter mir, nicht in meinem Blickfeld, saßen zwei Mütter mit drei Töchtern. Die Töchter so 15-18? Keinesfalls älter. Alle fünf blond und langhaarig, alle fünf rauchten wie die Schlote und tippten in ihre Smartphones, die hin und wieder piepten. Von der Reibeisen-Stimme her dachte ich bei der einen Frau, sie sei mindestens 65. Bei näherem Hinsehen entpuppte sie sich als Mittvierzigerin. Bereits als wir uns setzten, war sie so betrunken, dass ihre Stimme dieses gewisse Schleifen hatte. Auch waren alle anderen am Tisch leiser. Wir erfuhren im Laufe des Abends:

Dass die Tochter neben der lauten Mutter natürlich abends, wenn sie losgeht, eine Flasche Wodka mitnehme. Das sei auch kein Problem, sie könne damit umgehen. Die Tochter neben ihr bestätigte dies. Man müsse wissen, wann Schluss sei. „Und wenn doch mal was passiert“, sagte das Reibeisen, „dann ist es eben so. Das gehört ja dazu. Da kann man nichts machen.“

Herangeführt worden an den Alkohol seien die beisitzende Tochter und noch eine abwesende Tochter während einer Reise. Da habe man nämlich gemeiert. Meiern ist ein Würfelspiel, bei dem es gilt, 42 Punkte zu erreichen und heftig zu bluffen. Die genauen Regeln kann man sicher googeln. Sie waren sich am Nachbartisch auch nicht ganz sicher, außer, dass es um heftiges Trinken geht. „Nach sechs oder sieben Tequilas“, lallte das Reibeisen, „hab ich gesagt: Nu is Schluss. Ich lass mich doch nich unter den Tisch saufen. Ich geh lieber ins Bett.“ Ja, vielleicht war das besser.

Im Sommer, erfuhren wir weiter, hat das Reibeisen etwas vor. – Erwähnte ich schon, dass das Reibeisen übrigens immer diese fertig gemixten Cocktails zu Hause hat? Die seien ganz gut, erklärte es, die gebe es im Zehnerpack. – Aber zurück zum Vorhaben: Das Reibeisen möchte nämlich mit seinen Freundinnen Cindy und Conny auf den Jakobsweg. Das sei jetzt schon richtig geplant. Um Einkehr zu halten. „Aber ein Problem haben wir noch: das Gepäck. Wie sollen wir das alles tragen? Vielleicht nehmen wir uns Esel?“ – Nein, das könne so doch nicht sein, meinte die andere Frau. Es gäbe doch sicher Gepäckservice. Das würde einem doch bestimmt transportiert. „Genau,“ freute sich das Reibeisen. „Das organisieren doch die Hotels. Und ich brauche auch ein anständiges Bett, nach dem ganzen Gepilgere. Ich schlafe bestimmt nicht mit 500 anderen in einem Saal! Und abends den guten Wein, den wollen wir dann schon haben.“

Ja, so ist er, der Jakobsweg.

05. Juli 2014 von Britta Freith
Kategorien: Arbeitsalltag | 2 Kommentare

Kommentare (2)

  1. huhu fleißige scribentin,

    ..ein typisches (recht normales) suffgespräch. hat mit dem Massentourismus auf den mittlerweile tausenden „jaokobswegen“ nix zu tun. die Dame(n) wird/werden -nach erfolgreicher ausnüchterung – allenfalls wieder zum getränkemarkt pilgeren…..!

    bitte um Wiedervorlage
    b.wisser 🙂

  2. Hallo Britta 🙂
    Ich find total toll, wie du schreibst (auch wenn das Thema ‚Jakobsweg‘ hier wohl ein bisschen anders gesehen wird :P)! Mich würde freuen, wenn du mal gegen alle Blog-Schemas verstößt und bei meinem Spiel mitmachst. Würde mich interessieren, was du so zu antworten hättest.:)
    http://artofcarina.blogspot.com/2014/07/tag-11-fragen.html
    liebe Grüße! 🙂

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