Einseitige Gespräche (5)

Lautes Telefonieren heute Morgen in der U-Bahn. Quasi neben mir. Natürlich habe ich mitgeschrieben.

Frau, überschulterlange, blonde, offene Haare, extrem laut, bunte Messenger-Bag. Ich sehe sie erst nur von der Seite und schätze sie auf 40-50. Erst als ich aufstehe, stelle ich fest, dass sie ein gutes Stück älter sein muss – und sie ist lange nicht so aufgetakelt, wie ich von der Stimme her dachte.

Hallihallo, na, was für eine Überraschung! Na, kommste nachher?
Um 4 machen wir eine Abteilungsversammlung – na, hatte ich dir gemailt.
Eigentlich zu nichts.
Ja, können wir mal machen. J. ist da auch dabei.
Wir haben ja nichts.
Na, schauen wir mal, wie es so wird.
Ja, guck doch mal.

Und sonst?
Ja
Mh
Ach
Ja
Vielleicht sehen wir uns dann.
Ja, ja, das können wir gern machen. Ich weiß jetzt gerade nicht auswendig, ob ich da was mach… aber dann können wir ja mal was zusammen, vielleicht ein Eis essen.
Ja, oder was Richtiges.
Neulich bin ich mal nach alter Manier in die Lange Reihe gegangen und habe mir ein Eis geholt und mich an die Alster gesetzt. Das war mal wieder schön. Wie früher.

Eigentlich bin ich ja ganz froh, dass ich nicht mehr den ganzen Tag im Büro sitzen muss. Aber einige sitzen natürlich trotzdem den ganzen Tag da herum. Aber mit denen möchte ich mittags natürlich nicht unbedingt was essen.

Ja, ich komm viel rum. Eben war ich noch beim Zahnarzt, jetzt muss ich nach V., und dann
sausebrause nach G. fahren

Ich kann dir sagen!
Morgen, übermorgen ist auch noch mal heftig, da habe ich acht Veranstaltungen. Das ist schon ne ganze Menge, ich kann dir sagen. Die meisten haben jetzt Urlaub. X ist auf Seminar, da kann er ja nun nichts für, das ist ja auch gut. Na, dann ist A noch da und B – und dann noch C, das war’s. Und dann ist da noch eine Neue, die [U-Bahn-Lärm]
Nee, die ist gewechselt. Die war lange krank und hat dann in H. wieder angefangen, bei Herrn G. Das gefällt ihr auch ganz gut.

Ja, bei euch wird es immer weniger an Personal hab ich den Eindruck, oder?
Ja.
Früher.
Mhh.
Mhh.
Nö.

Ja, alles klar, verstehe. (Lacht.)
Nee, aber gefühlte Abwesenheit.
Nee, die war ja… ja. Ist ja egal, wurst.
Aber in der pädagogischen [Lärm] seid ihr ja auch ganz gut besetzt.
Ja, klar.

Äh. Moment, jetzt muss ich mal…
Ach, ich weiß, T. Jahahah. (Lacht.)
Hast den schon einmal arbeiten sehn?
Oh nein, oh Mann.
Mh.
Oh.
Echt anstrengend.

Das ist, glaube ich, nicht lustig.
Du, vielleicht.
Mh.
Ja.
Der ist k.o. von seinem Nebenjob, ganz einfach. Hat den Abend vorher so viel gearbeitet. Wär ich auch ko.
Natürlich nicht. Aber das sind so die Pappenheimer.

Und dein spezieller Freund, von dem mal wieder was gehört?
Ich seh den ja immer noch in der U-Bahn. Der sitzt mir dann so schräg gegenüber.
Ja, da hat sich einiges getan, da sind einige geflogen.
Ich sag jetzt den Namen nicht, weil ich in der U-Bahn sitze.
Dass der sogar noch ne Abfindung mitgenommen hat! Und was für eine!
Ja, genau den meinte ich.
Und ich habe ihm geraten, die zu nehmen, denn er hatte ne fristlose Kündigung.
Warum auch immer.
Aber später hat er noch mal angerufen, ob doch nicht noch was anderes geht. Da hab ich ihm aber gesagt…. nee, dann hat er die genommen. Nun kann er auch nicht mehr klagen. Das ist gut für den Arbeitgeber.
War aber auch nicht viel. 2400. Zum Schluss war er halbtags da. 20 Stunden.
Kann ich dir ja alles mal in Ruhe erzählen.

Ja, ist gut, wünsche dir einen schönen Tag, (Männername). Bis bald!

23. September 2014 von Britta Freith
Kategorien: In der U-Bahn | 2 Kommentare

Kommentare (2)

  1. Immerhin sagt sie jetzt den Namen nicht, weil sie in der U-Bahn sitzt.

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