Einseitige Gespräche (8)

In die U-Bahn steigt ein Mann in rotkarierter Jacke, vielleicht Anfang 20, nicht sehr groß, schlank, wenig Haare. Schwer mitzutippen, weil er unglaublich schnell redet und die andere Person anscheinend nichts zwischenfragt. Daher fehlen Details. Kommt bereits laut telefonierend in die Bahn. Wird auch später nicht leiser. Haut mir beim Gehen seine Tasche gegen die Knie.

(…) nein, wir waren halt zusammen da, und es waren voll viele Leute, die da auf der Gästeliste standen. Ich bin einfach als einer der ersten gegangen, das war voll krass, es waren voll viele Leute da.

B. war da, der ist total nett. Und Samstag war auch total anders als sonst, crazy, da hab ich mich mit H. getroffen. Da war eine Laufgruppe, da war eine Laufgruppe der Frauen, und dann war ich hinterher noch mit E. und I. unterwegs und da waren die [Bandname] da, diese Hiphop Band, und dann bin ich noch auf der Afterparty gewesen, und das war so witzig…

Hallo?
Hallo?

(ruft neu an)

Ich sitze in der Bahn, deswegen.

Ja, und das waren halt [Bandname], und die meisten von denen sind ja schwarz, und die haben dann aufgelegt und die haben nur den asigsten hip hop aufgelegt, – nee, für Berlin ist das echt gut. Ich bin auch schon um 17 Uhr wieder gefahren, ich musste halt auch zurück um Artikel zu schreiben – zwei Artikel… Ich werde dich dazu später anrufen, ich habe jetzt keinen Bock, das durch die Bahn zu brüllen.

Nee, weil ich das gerade hier durch die Bahn schreie. Ach, es ist so crazy gerade. Ich sollte ja für die schreiben, freiberuflich, aber die brauchen jetzt keine mehr freiberuflich, aber dann meinten sie eben, dass ich für die jetzt fest arbeiten könnte, als Redakteur. Das also auch ganz crazy. Die haben eben auch ziemlich viel Geld. Das ist eine ganz andere Liga. Die kommen auch gar nicht aus der Mode. Die haben ein Lager eröffnet, die kommen gar nicht aus der Mode – die arbeiten halt auch mit Asien und mit XYZYZX zusammen – voll crazy. Sagt dir Net à Porter was? So in der Größe wird das aufgezogen. Megakrass.
Ich muss jetzt also die Artikel für die schreiben. Wenn ich das gut mache, würde ich halt für die arbeiten. Dann würde ich aber mit Grand Prix aufhören. Die meinten auch gleich: „Das überbieten wir.“ Naja, jetzt schreibe ich ein Designerprofil. Ich habe dir ja erzählt, dass die da auf der Seite verschiedene Profile haben, so Designer und Label und Models und so — ach, verstehst du gar nicht?

Bist du schon bei der Arbeit? Kann ich dich dann gleich nochmal anrufen? Ich will das nicht so durch die Bahn schreien. Ich bin dann auch in 10 Minuten zu Hause. Ja, super, total nett.

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Weitere einseitige Gespräche? Hier entlang.

25. Juni 2015 von Britta Freith
Kategorien: In der U-Bahn | 2 Kommentare

Kommentare (2)

  1. OMG!!! (aber lachen mußte ich grad schon…)

  2. Herrlich!
    Ja, wer regelmäßig mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, ist immer bestens informiert – über Dinge, die er/sie niemals wissen wollte.

    Manchmal möchte man so ein Gespräch am liebsten kommentieren. Wäre vermutlich auch okay, es wird ja schließlich öffentlich geführt. Aber ich kann mich beherrschen. Dass ich mitunter laut loslachen muss, das kann ich allerdings nicht verhindern.

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