Nachdenken über Pons

Überlegungen zur Bloggerei von Lilian aka Textzicke.

Als ich klein war, hatte ich das Ja-Buch und das Nein-Buch für Kinder. Das war in den Siebzigern, erschienen bei Beltz und Gelberg. Jungs und Mädchen sahen darin gleich aus, alle rausgewachsene Pottschnitte. Den Unterschied sah man nur, wenn sie sich auszogen (was sie natürlich in den Siebzigern in allen progressiven Büchern taten – Schwarzweißbilder inklusive.)
Gibt’s heute nicht mehr, nicht mehr die Fotos von nackigen Kindern in den Büchern und auch nicht mehr Kinder, die alle gleich aussehen. Gleich hin, gleich her: Ein Junge sein wollte ich trotzdem und ich hätte nie nimmer nicht ein rosa Plüsch-Glitzer-Buch angefasst. Aber ich glaub, die gab’s damals sowieso nicht.

Heute dagegen sind Mädchen häufig, sehr, sehr, sehr häufig, wieder total plüschig und lieb und mädchenhaft zurechtgemacht, sollen zicken und niedlich sein und überhaupt. Ich finde das extrem anstrengend. Als ich noch ein Mädchen und keine Frau war, da hätte ich mit keinem dieser Hühner etwas zu tun haben wollen. Einfach nur grauenhaft. Aber so waren ohnehin nur die wirklich Doofen. Wir trugen ja auch mit 14 noch Pali-Tücher und weite Pullis, damit bloß niemand etwas sah von etwas, das man Formen nennen könnte.

Vielleicht, könnte ich mir so vorstellen, vielleicht haben die Tanten bei Pons davon die Nase voll. Vielleicht bieten sie deshalb Lernmaterial an, das so rosa-plüschig-glitzerig-feeig ist, wie es nur irgend sein kann. Und die schmutzigen Knie und Spinnenbeine für Jungs. Schade, dass ich alters- und größenbedingt nicht mehr ganz so schnell auf dem Baum bin wie früher.

Manchmal habe ich allerdings auch den Verdacht, dass auch so etwas nötig ist. Dass man sehr weiblich sein darf und trotzdem gleichberechtigt. Ich weiß nicht, ob die Mädchen in diesen Büchern Tische decken und die Jungen Fensterscheiben einwerfen. Vielleicht machen sie beides? Sicher ist, dass wir mit diesen Schwarzweiß-Rollenklischees und mit einem Rückfall auf sie gesellschaftlich nicht weiterkommen. Und dass die Zeiten, in der diese Bilder eng mit dem Heimchen am Herd verbunden waren, einfach noch nicht lange genug vergangen sind, um diese Bilder bedenkenlos nutzen zu können. Das kann nur nach hinten los gehen: husch, husch, ihr Frauen und Mädchen, wieder ins Körbchen!

Eine befreundete Lektorin erzählte mir, dass in den gerade so populären Vampirbüchern im Jugendbereich auch so ein dümmliches Weibchenbild propagiert würde. Ist es gar doch eine gesellschaftliche Strömung? Müssen wir vorsichtig sein? Ich glaube, wir Frauen sollten einfach versuchen, wir selbst zu sein – ob mit wackelndem Hintern oder im Blaumann. Nicht als Männerkopie, aber auch auf gar keinen Fall als Wunderweib. Und auch nicht zwanghaft durch Feuchtgebiete watend oder als Superköchin oder als Bastelmama oder als Hey-die-kann-ein-Auto-reparieren-Schnucki. Gar nicht in einer bescheuerten Rolle. Mit Spinnen in den Haaren und Pumps an den Füßen. Die Spinnen sind natürlich gewaschen, und die Fußnägel lackiert.

07. Oktober 2009 von Britta Freith
Kategorien: Medien, Meinung | Schlagwörter: , | 1 Kommentar

1 Kommentar

  1. Hi!

    Mir fällt häufig auf, dass es o. k. ist, wenn Mädchen blaue Pullis tragen und mit Autos spielen. Aber wie werden Jungs angeschaut, die in rosa gekleidet eine Puppe spazieren fahren….? Und muss ich daraus schließen, dass das typisch Männliche erstrebenswerter ist, als das typisch Weibliche….?

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