Der Pilzberater für unterwegs

Ich habe mal Bio studiert, aber ich habe das Studium nicht abgeschlossen. Der Journalismus war damals stärker. Trotzdem habe ich ein erhebliches Interesse an Biologie, besonders an Botanik – schon immer. Was mich früher allerdings nicht interessierte, waren Pilze. (Gehören ja auch nur bedingt zur Botanik.) Das war auch das Problem dieser einen Prüfung im Studium, als es ausgerechnet um Flechten ging: eine Symbiose zwischen Pilzen und Algen. Uninteressanter ging es es in meinen Augen kaum. (Sehe ich heute etwas anders.)

Mein Interesse an Pilzen und Algen wuchs in dem Maße, indem ich ihre Essbarkeit entdeckte. Als ich klein war, gab es anscheinend nur Dosenchampignons. Ernsthaft: Wie könnte jemand, der nur Dosenchampignons kennt, vermuten, Pilze seien allen Ernstes essbar???

Am Algenbestimmen hindert mich die doch relativ ferne Küste, aber die Pilze wachsen mittlerweile sogar in unserem Garten. Ich traue mich essender Weise aber nur an Röhrenpilze heran, weil ich die auf alle Fälle erkenne. Da bei uns sowohl Maronen als auch Birkenpilze ihre Hüte aus dem Rasen schieben, herrscht daran auch kein Mangel.

Mittlerweile habe ich sogar zwei Bestimmungsbücher für Pilze: Ein richtig dickes, sehr detailliertes (vom Remittendentisch: Pilze bestimmen und sammeln von Lohmeyer/Künkele), das ich wohl erst in Altersruhe durcharbeiten werde, und dann ein gängiges, handliches von Kosmos, das mich aber auch nicht wirklich näher an die Pilze brachte: Ich traue einfach dem Bestimmungsbraten nicht. Zu sicher bin ich mir, dass sich beim ersten selbst gesammelten Lamellenpilz meine Leber auflöst. Schon mal über pilzinduzierte Todesarten gelesen? Hossa, die geben echt Alpträume.

Jetzt flatterte mir aus meinem Verlag „Der Pilzberater für unterwegs“ von Björn Wergen auf den Tisch. Der soll kein Bestimmungsbuch sein, sondern eher der gute Freund, den man fragt, wenn man unsicher ist. Autor Björn Wergen moderiert nämlich das pilzforum.eu und kennt daher sämtliche Fragen, die Pilzlaien (und –kenner) so haben. Bestimmt also auch meine! Ganz ohne Pilzkenntnis nützt einem das Buch nur bei wirklich einschlägigen Pilzen: Totentrompete zum Beispiel oder zur Unterscheidung der Röhrenpilze. Was es auf alle Fälle macht, ist Lust auf mehr.

Der Buchtest beweist: Ich habe tatsächlich Maronen(-röhrlinge) vor mir. Dass sie sehr unterschiedlich aussehen können, steht da auch.

Der Buchtest beweist: Ich habe tatsächlich Maronen(-röhrlinge) vor mir. Dass sie sehr unterschiedlich aussehen können, steht da auch.


Für mich als Gartenbesitzerin mit vielen Zufallspilzen auf dem Grundstück schon mal sinnvoll: die Einleitung. Hier schlüsselt Wergen nämlich die unterschiedlichen Pilze auf und erklärt, an welcher Stelle diese gern wachsen und warum. Meine Sorge, dass die Maronen den dreifach veredelten Apfelbaum zersetzen, ist also ganz unnötig! Stattdessen helfen sie ihm bei der Nährstoffgewinnung. Der Zunderpilz am uralten Boskop allerdings ist tatsächlich die vorausgegriffene Todesanzeige. Bevor mir ein verrotteter Ast auf den Kopf fällt, sollte ich da lieber mit der Säge ran.

Eine beliebige Seite im Buch aufzuschlagen bringt mir Spaß. Da geht es um radioaktive Belastung von Pilzen, Erklärungen zum Namen (Schopftintling!), und zum Beispiel um die Frage, wie groß ein Pilz eigentlich sein darf, damit ich ihn noch essen kann. Gerade diese Exkurse finde ich sehr spannend.

Ein Fliegenpilz muss keine weißen Flecken haben - gerade im Alter wurden die Reste der Hülle meist längst von Schnecken abgefräst. Ob mit oder ohne Punkte: Ich finde ja, der Fliegenpilz ist eine echte Gartenzierde!

Ein Fliegenpilz muss keine weißen Flecken haben – gerade im Alter wurden die Reste der Hülle meist längst von Schnecken abgefräst. Ob mit oder ohne Punkte: Ich finde ja, der Fliegenpilz ist eine echte Gartenzierde!


Während ich diesen Text schrieb, kam mein Lieblingsgrafiker des Weges, dem ich den Pilzberater unter die Nase hielt. Es stellte sich heraus, dass Frank regelmäßig in die Pilze geht, eine Pilz-App hat, in der er auch Fundorte verzeichnet (geheim natürlich!) und dass er weit mehr Ahnung von Pilzen hat als ich. Den habe ich dann mal gefragt, was ihn an einem Pilzführer wichtig ist:

Pilzkenner Frank hat gern viele Bilder von Pilzen mit Verwechslungsgefahr. Am besten aus allen Richtungen fotografiert, sowohl im Gesamthabitus als auch im Detail. Zum Teil gibt es solche Fotos im Pilzberater für unterwegs – das fand Frank prima. Grundsätzlich hat er diese Fotos aber gern auf einer Seite. Seine Frage nach dem Pfifferling und dem falschen Pfifferling konnte er so gleich nachschlagen und endlich beantworten. Den Satansröhrling hätte er allerdings gern direkt neben dem Hexenröhrling gehabt. Wobei ich da die Seiten problemlos so knicken kann, dass ich beide Pilze nebeneinander sehe. Das reicht mir aus. Und die detaillierte Beschreibung der Unterschiede finde ich auch gut und sehr hilfreich.

Fazit: Ein unterhaltsamer Pilzführer, der Fachwissen lesbar, aber nicht überfrachtet vermittelt. Besonders unterstützend, wenn man schon etwas Ahnung hat, aber noch einmal sicher gehen will. Schön übersichtlich durch die besonderen Markierungen, die an handschriftliche Notizen erinnern. Und, das ist mir wichtig, angenehm beiläufig geschrieben, tatsächlich als ob mich ein Freund durch die Pilze führt. Schon dafür gibt es von mir ein dickes Plus.

Der Pilzberater für unterwegs
Fragen & Antworten
von Björn Wergen
Ulmer Verlag
9,90 Euro (D)
ISBN 978-3-8001-7950-3

23. Oktober 2013 von Britta Freith
Kategorien: Buchtipp, Meinung | Schreibe einen Kommentar

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