Warum Wulff es macht – eine Vermutung

Ich freue mich nicht über die Wahl Wulffs, nein. Ich wollte Gauck. Gestern meinte jemand zu mir, im Grunde hätte Wulff die Wahl nicht annehmen sollen, wenn das Ergebnis so jämmerlich sei. Das jedoch sehe ich anders.

In dem Moment, in dem Wulff sich zur Wahl stellte, wusste er, dass es knapp werden könnte. Er kennt sich hinreichend in der Politik aus um zu ahnen, dass es nicht unbedingt ein Sieg mit Glanz und Gloria werden würde. Dennoch hat er sich bereiterklärt, das Präsidentenamt anzunehmen. Das Warum scheint mir ganz klar:

Bereits länger vor der Bundespräsidentenmalaise hat Wulff bekundet, dass er keinen großen Drang mehr hat, in der Politik zu bleiben. Bundeskanzler wolle er nicht werden, erklärte er – dabei ist er ja lange als eine der Nachwuchshoffnungen der CDU gehandelt worden. Aber hier haben wir wohl einen weiteren Politiker, der entdeckt hat, dass Work-Life-Balance immer noch ganz groß im Sein ist. Und ein möglicher Nachfolger in Niedersachsen stand auch schon in den Startlöchern, bevor die Sache mit der Präsidentschaft losging.
Ich glaube, Wulff macht jetzt noch mal eine 5-Jahres-Runde, ganz ohne den parteiinternen Querelen ausgesetzt zu sein oder auf Wählerstimmen gucken zu müssen. Wenn er es gut hinkriegt, hält er die ein oder andere bemerkenswerte Rede und gehört in die Riege der Bundespräsidenten, an die man sich gern erinnert. Und immer dran denken: Man kann auch als der erinnert werden, der singt, wandert oder hinschmeißt. Den Platz im Geschichtsbuch bekommt man trotzdem.

Wie auch immer: Nach 5 Jahren macht Wulff Schluss, bekommt bis zum Lebensende seinen „Ehrensold“ von z.Zt. 277.000 Euro und kann sich dann immer noch überlegen, ob er in der freien Wirtschaft noch ein paar Euro dazuverdient oder doch mehr Life als Work macht.

Fände ich als Zukunftsoption auch gar nicht so schlecht.

01. Juli 2010 von Britta Freith
Kategorien: Meinung | 4 Kommentare

Kommentare (4)

  1. Genau so ist es. Und ich finde es grauenhaft. Wenn du mich fragst – man sollte überlegen, ob dieses Land überhaupt so einen Posten braucht. Oder noch besser – das Bundespräsidentenamt zum Ehrenamt machen.

  2. Natürlich braucht das Land noch diesen Posten. Irgendjemand muss da oben doch für Geselligkeit sorgen, und sei es auch nur dass er beim Schwager vorne sitzend singt. Diskutieren kann man sicher darüber, ob es nicht besser Blaublütler machen sollten – die sind zumindest bei gewissen Dingen..äh.. zielsicherer.

  3. Ein pinkelnder Bundesprinz? Eine schreckliche Vorstellung!

    Während der Amtszeit finde ich das Salär möglicherweise angemessen, aber danach, und ohnehin noch nicht im Rentenstand?Warum eigentlich? Und warum mit komplettem Bürostab? Wahrscheinlich war Kostenminimierung und nicht Altersweisheit der Grund für die Entscheidung, dass man Bundespräsident erst mit 40 werden kann. Aber das Grundgesetz wurde eben zu Zeiten geschrieben, als die Lebenserwartung noch deutlich geringer war…

  4. Au, das ist ja echt mal ne Spitzenposition.

    Das hier find ich aber überraschend:
    „Der Bundespräsident erhält Amtsbezüge in Höhe von 10/9 des Amtsgehalts des Bundeskanzlers.“

    Von den 277.000 Euro muss er aber auch die Löhne des Hauspersonals für die freie, voll eingerichtete Amtswohnung des Bundespräsidenten bezahlen …

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