Entdeckungen aus Pflanzen auf der Internorga

Messebesuche sind einerseits anstrengend, andererseits aber ziemlich anregend. Jedenfalls wenn es so eine große Messe ist wie die Gastronomiemesse Internorga in Hamburg und man sich im Newcomerbereich herumtreibt. Das habe ich am vergangenen Montag vorwiegend getan und einige spannende Produkte aus Pflanzen entdeckt.

Aus dem Weißen der Zitrone

Albedo heißt die weiße Schicht, die man bei Zitrusfrüchten zwischen Fruchtfleisch und Schale findet. Also das ledrige Zeug, das meist im Mülleimer landet. Muss es aber nicht. Die Firma Herbafood Ingredients hat einen Weg gefunden, diesen Stoff zu etwas Nützlichem zu machen. Sie entziehen dem Albedo das Pektin, geben in den Rest Wasser, machen etwas Geheimnisvolles damit und haben danach eine Masse, die von der Textur und Farbe an eine Mehlschwitze mit nur wenig Flüssigkeit erinnert. Ich habe probiert: Basic Textur, wie es jetzt heißt, schmeckt nach nichts. Nichtmal nach Tapetenkleister. Total neutral. Vom Mundgefühl vielleicht wie elektrisch püriertes Kartoffelmus mit Wasser.

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Mit diesem Grundstoff kann man eine Menge machen, denn er dickt an – und zwar in warmen und kalten Gerichten. Er eignet sich für Soßen, Eiscrème, Süßspeisen, man kann ihn in der Wurstzubereitung verwenden usw. usf. Wirklich vielseitig. Und vegan ist er auch noch. (Was als Wurstzutat natürlich egal… aber lassen wir das.) Was ich nicht gefragt habe, weil es mir erst jetzt beim Schreiben einfällt, ist, wie das neue Dickungsmittel verdaut wird. Es ist kalorienneutral, wird also mutmaßlich einfach wieder ausgeschieden?

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Mir hat das Probe-Dessert, das nur nach den pürierten Früchten schmeckte, jedoch eine Mousse-Struktur hatte, gut geschmeckt. Die Macher haben für ihre Idee einen Innovationspreis bekommen. Ich setze ja selbst gern möglichst unverarbeitete Nahrungsmittel ein, darum wüsste ich gern noch mehr über den Verarbeitungsschritt nach dem Pektin-Entzug hin zum fertigen Produkt. Aber grundsätzlich bin ich nicht abgeneigt. Ich benutze ja auch Gelatine und Agar Agar. Einen Werbe- und Erklärfilm zu Basic Textur gibt es auf Youtube.

Gurken zum Trinken

Mutige Menschen mag ich. Menschen, die etwas wagen, die ihre Ideen umsetzen. So wie Vasco Emmanuel Kulke und Till H.F. Fischer-Bergst. Mit Stabsieb und Kaffeefilter bewaffnet haben sie Im Sommer 2014 angefangen mit Gurke und Basilikum zu experimentieren, um ein neues Getränk zu kreieren. Ein halbes Jahr haben sie herumprobiert, bis sie schließlich fertig waren: Cucumis heißt die süffige Mischung, die pur nach gleich der nächsten Flasche schmeckt. Löscht Durst, ist lecker und dazu vermutlich noch gesund. Ein echter Wurf. Mit Gin zusammen ein Cocktail, ohne Alkohol für die ganze Familie. So ist es auch gedacht, sagen die beiden Erfinder: Der Drink soll zeitlos und für alle sein. Ziel ist es, dass er genauso selbstverständlich wird wie zum Beispiel eine Apfelsaftschorle.

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Tatkräftige Freunde haben den Gründern geholfen, rechtzeitig zur Internorga fertig zu werden. Bis zur letzten Sekunde wurde am Messestand geschraubt. Es ging das Gerücht, jemand anders bastele vielleicht auch an einem Gurkendrink, da war Schnelligkeit gefragt. Hat geklappt, es war ein würdiger Start. Einer der Freunde verrät, dass Vasco Emmaanuel außerdem ein ziemlich begabter Musiker ist. Habe ich natürlich gegoogelt: Hier ist er bei Soundcloud.

Inzwischen gibt es auch eine Kooperation mit einer Mosterei, die Biogurkensaft produzieren will. Denn Cucumis soll ein reduzierter, ökologisch korrekter Drink sein. Überhaupt kann man offenbar von Mostereien viel Unterstützung bekommen, wenn es ums Erschaffen von neuen Getränken geht. Sind sie gut, stehen sie einem mit vielen Tipps zur Seite. Ist übrigens nicht ganz einfach mit Gurkensaft in Flaschen, denn pasteurisierte Gurke wird gelblich und trüb, das sieht nicht lecker aus. Pasteurisieren muss man allerdings, sonst hält das Getränk nicht. Mit der Zugabe von Chlorophyll (also natürlichem Blattgrün, das Pflanzen zur Photosynthese brauchen) ließ sich das Farbproblem lösen.

Ich jedenfalls mag Cucumis und würde es garantiert bestellen, weil es frisch und leicht schmeckt –und natürlich nach Gurke. Das mag ich viel lieber als Apfelschorle (die ich nur im Notfall trinke). Meine Daumen für den Erfolg des Gurke-Basilikum-Drinks sind also fest gedrückt.

Palmblatt, Bambus und Zuckerrohr

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Wenns gepunktet ist, ist es aus Bambusblättern, ohne Punkte aus Palmblatt. Diese Faustregel habe ich am Stand von PacknWoodgelernt. Das gilt natürlich nur für die Produkte, die entfernt an Blätter erinnern. Die ganz einfarbigen und regelmäßigen Schüsseln, Becher oder Tütchen sind aus Zuckerrohrblättern – wüsste man das nicht, könnte es auch Pappe sein. Ach, ich erwähnte das noch nicht speziell: Es geht um moderne Lebensmittelverpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen. Sabine Schlimm von Schmeckt nach mehr war mit mir unterwegs und hat mir erzählt, dass die ganze Branche gerade am Boomen ist. Das liegt daran, dass es immer mehr Straßenmärkte und Imbisse gibt, die auf exotische Snackvarianten setzen. Statt Pommes in Pappe isst der moderne Mensch Chili vom Palmblatt.

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Aus einer Palmblattschüssel habe ich neulich erstmals in der Schweiz gegessen. Da war ich ganz erstaunt, dass ich Einweggeschirr in der Hand hatte. Fasst sich an wie leichtes Holz, sieht außerdem schick aus. Würde ich mir auch so ins Regal stellen. Aber ich habe nachgefragt: Wenn man etwas anderes als Trockenfutter hineintut, eignet sich Geschirr aus Palmblatt nur für einmaligen Gebrauch. Man darf aber Suppe nachnehmen 😉

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Am liebsten würde PacknWood alles aus nahwachsenden Rohstoffen herstellen. Einen Schwerpunkt legt die Firma auf Stoffe, die nicht dem Nahrungskreislauf entzogen werden. Darum sind die durchsichtigen Plastikdeckel auch nicht aus Maisstärke sondern aus tatsächlichem Plastik. Zudem würde sich Maisstärke bei warmen Gerichten einfach auflösen.

20. März 2015 von Britta Freith
Kategorien: Rezept, Rezeptionsbefehl | 2 Kommentare

Kommentare (2)

  1. ISCH MÖSCHTE DIESEN GURKENSAFT!!! \o/

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