Ein zauberhaftes Erlebnis

In der U-Bahn. Genervt, weil beladen mit einem Berg Tüten und Taschen voll Obst, Gemüse, Brot, was weiß ich. Wochenration, frisch vom Markt. Einige Tüten schon auf die Kinder verteilt, die auch noch Büchereibücher schleppten. Plötzlich mir schräg gegenüber ein dunkelschwarzer Mann mit Rastafrisur, der winkt und durch den Wagen ruft. An mir vorbei auf ihn zu läuft ein dicker weißer Mann mit langem Zopf, so ein Jeanstyp. Beide etwa 25. Die zwei umarmen sich, tanzen fast vor Freude und sind komplett begeistert, sich wieder zu treffen. Der dicke Weiße sagt zu dem kleinen Mädchen neben dem Rastamann: „Du hast einen tollen Papa!“ Sie sind alle so glücklich, dass sie mich anstecken. Meine Laune bessert sich erheblich.

Der Rasta mit Tochter muss raus. Eine Station weiter auch ich, samt Kindern und Tüten. Beim Check draußen stelle ich fest: Mein Sohn hat zwar all seine Comics, aber nicht all seine Tüten. Jogge zum U-Bahn-Fenster, der dicke Mann springt auf, läuft mit mir zusammen los. Hat es mitgekriegt, guckt auch. Eine Tüte, unterm Sitz. Die Türen schließen. Kein Blickkontakt in den Wagen, nur ein wütendes Blitzen Richtung Sohn. Laune wieder im Keller.

Ich stehe und denke. Beschließe, den nächsten Zug hinterher zu nehmen, obwohl es nur um eine Tüte mit Aprikosen geht. Könnte der Mann ja auch essen. Aber ich bin mir sicher, dass er sie uns zurückgeben will. Die Kinder erklären mich für verrückt. Ich mich auch und wir nehmen den nachfolgenden Zug.

Eine Station weiter steht der dicke Mann. „Das waren doch Sie mit der Tüte!“ ruft er froh und holt sie aus seinem Rucksack. Dann springt er schnell zurück in den Zug und fährt weiter. Ich habe noch lange gewinkt.

Laune: im Himmel!

20. Juli 2009 von Britta Freith
Kategorien: Fensterblick, Stilkritik | Schlagwörter: | 8 Kommentare

Kommentare (8)

  1. oh.wie.schön. 🙂

  2. Oh, das ist wirklich eine schöne Geschichte! Meine Laune: viiiel besser! Danke!

  3. @musicampus War das ein Entsetzens- oder ein Freudenschrei?

  4. Ein Ausdruck meiner Ãœberraschung – ich habe beim Lesen festgestellt, dass mir bisher gar nie in den Kopf gekommen ist, dass Du Kinder haben könntest. Frag mich nicht, warum…

    Ãœbrigens gefiel mir Dein Erlebnis auch – Dein Sohn hat Ähnlichkeit mit mir: immer nur auf das Wichtigste konzentrieren 😉

  5. Ich habe das früher auch bewusst verschleiert. Familienschutz und so 🙂 Aber da die Kinder andere Namen tragen als ich…

  6. Ich habe nie Blogs gelesen, ich bin ein Bild- und Fotomensch. Seit ich twittere und mich die Menschen hinter den Tweets interessieren ist das anders. Ich freue mich auch deine Seite entdeckt zu haben. Eine gute Geschichte, deren Worte in mir schöne Bilder hervorrufen.
    Leider nehmen zu viele solche Alltagserlebnisse (die aber nicht Alltag sind) als selbstverständlich hin.

  7. Hallo, das war aber ein Glück. Also gibt es noch ehrliche menschen. 🙂

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